Samstag 08.April - SANTIAGO
Es geht los...
Wir sind um 16 Uhr in Santiago gelandet. Hat alles super geklappt. Das Hotel liegt sehr zentral und wir sind gleich los gezogen um die wichtigsten Dinge zu besorgen.... Muschelanhänger für den Rucksack und einen Pilgerstab fürs Kind.
Das Wetter ist super, die Sonne scheint bei 23 Grad. Die Stadt ist toll aber mega voll. Ist vermutlich auch der Semana Santa (Heilige Woche) geschuldet. Haben uns erstmal mit einem leckeren Boccadillo und Cervesas und Cola gestärkt.
Erstmal zur Oster-Prozession
Sonntag, 09.April - MIT DEM BUS VON SANTIAGO NACH FERROL
Nach einer sehr warmen Nacht (Klimaanlage hat uns 28 Grad beschert und hat sich nicht regulieren lassen), sind wir trotzdem gut erholt um 8.15 Uhr aufgestanden. Der Rucksack wurde umgepackt und wir haben uns auf die Suche nach einem Boccadillo gemacht. Da heute Palmsonntag ist (ja, tatsächlich wird der Ostersonntag hier Palmsonntag genannt), sind viele Läden zu. Wir haben uns dann in einer Bar gestärkt. Hier waren wir gestern schon um einen Absacker zu nehmen.
Und anschließend haben wir die nächste Prozession angeschaut.. Es war wieder sehr beeindruckend.
Ganz nach dem Motto "Genießen Sie Ihr Leben in vollen Zügen (oder Bussen)" sind wir mit dem Flixbus in 1,5 Stunden bei mäßiger Klimaanlage nach Ferrol gefahren.
Das Wetter wurde unterwegs etwas diesig, aber pünktlich mit dem Bus kam auch die Sonne an.
Am Hafen haben wir unseren ersten Stempel abgeholt und sind die ersten Kilometer gelaufen. Nun warten wir auf das Abendessen. Die Restaurants öffnen meist erst um 20 Uhr oder später. Wir haben aber ein Galiziches Restaurant gefunden. Dort ist schon geöffnet und ab 19.30 Uhr gibt es Essen.
Montag, 10.April - VON FERROL NACH PONTEDEUME
Heute Nacht kamen unsere Schlafsäcke zum Einsatz. Es gab nur ein dünnes Bettlaken und es war nachts doch recht frisch.
Um 8.30 Uhr sind wir gestartet. Das Wetter fühlt sich bei 18 Grad und vielen Wolken doch erstaunlich warm und schwül an.
Heute lagen ca. 22 km vor uns. Der Weg startete entlang der Küste, über eine nicht enden wollende Brücke durch Industrie, Eukalyptus Wälder und Felder.
Auf der heutigen Strecke gab es kaum Einkaufs-, Sitz - und Einkehrmöglichkeiten.
Eine größere Pause haben wir in einem Café gemacht. Sonst nur ein paar kleine Trinkpausen.
Kurz vor 14 Uhr haben wir die Stadt und unser erstes Tagesziel erreicht.
Dienstag, 11.April - VON PONTEDEUME NACH BETANZOS
Wir haben sehr gut geschlafen in einem tollen Appartement und sind um 8:30 Uhr gestartet.
Gleich zu Beginn ging es eine halbe Stunde steil bergauf. Auf einem Hügel haben wir uns mit Baguette und Schinken gestärkt für die weiteren Anstiege. Heute ist es deutlich anstrengender als gestern.
Die heutigen 18 Grad fühlen sich deutlich wärmer an und es ist sehr schwül trotz vieler Wolken.
B. Hat sich heute Morgen zwei netten Pilgerinnen angeschlossen (Mutter und Tochter). Sie hatten einen deutlich schnelleren Schritt drauf als wir und haben ihn netterweise mitgenommen. Es hat ihm viel Freude gemacht.
Wir haben sie dann bei den Pausen immer wieder getroffen. Aber auch heute waren die Einkehrmöglichkeiten begrenzt. Vormittags haben wir an einem sehr schönen Hof Rast gemacht. Die Wirtin war sehr nett und hat Bastian einen silbernen Anhänger geschenkt.
Danach kam nicht mehr viel zum hinsetzen, Essen und Trinken.
Aber wir waren ja mit Brot, Schinken und Obst ausgestattet.
Es gab eine Stempelstelle im Wald, dort konnte man sich aus Kühlboxen Getränke gegen Spenden nehmen.
Heute war es deutlich anstrengender als gestern aufgrund der vielen Steigungen.
Als wir um 15 Uhr in Betanzos ankamen war Siesta und fast alle Restaurants waren geschlossen. Also gab es Obst, Baguette und Schinken aus dem Supermarkt... Um 20 Uhr öffnen die Lokale zum Abendessen.
Da wir ziemlich müde und hungrig waren haben wir eine Bar gesucht die schon früh Essen anbietet. Die Restaurants machen nämlich erst um 20 Uhr oder später auf.
Wir haben auch eine Kneipe mit einer sehr lieben Bedienung gefunden. Sie hat extra für uns um 19 Uhr die Küche angeschmissen. Das Essen war aber leider eher nicht so gut.
Erkenntniss des Tages: Die Öffnungszeiten der Gastronomie in Galizien ist nur semi mit den Bedürfnissen der Pilger vereinbar.
Wir sind auf Morgen gespannt. Laut Internet ist die Etappe die schwierigste auf dem Camino Ingles - es gibt keine Einkehr - und Einkaufmöglichkeiten, der Weg ist nur bergauf und am Ziel gibt es nur eine Bar mit einem Tagesgericht ... Wir müssen bis 18 Uhr am Ziel sein, sonst kommen wir nicht in die Herberge rein. (oh Ton: ein späterer Check-in wird nicht akzeptiert).
Zitat aus dem Internet: "Wer in Hospital de Bruma ankommt hat seinen inneren Schweinehund überwunden."
Daher geht es heute zeitig in Bett.
Es hat die ganze Nacht geschüttet. Um 8 Uhr sind wir trocken Fußes gestartet und haben eine Bäckerei gesucht und gefunden, die schon offen hat (öffnen meist erst um 9 Uhr).
Am ersten Anstieg hat es dann angefangen zu regen, zum Glück nur relativ kurz. Gerade als wir unsere Regensachen angezogen haben wurden wir von den beiden Pilgerinnen von gestern überholt. B. hat sich ihnen gleich angeschlossen.
Pünktlich zum Regenguss haben wir etwas über die Hälfte der Tagesetappe und das einzige Restaurant laut Reiseführer(eine Art Museum) erreicht. Wir haben uns mit Bohnensuppe, Tortilla und Croquetas (wurde bei jedem Biss mehr im Mund) gestärkt.
Der heutige Weg ging bisher durch tolle abwechslungsreiche Landschaften, aber auch um die 5 Km an einer Landstraße entlang.
Nach dem Essen kam die Sonne gleich wieder raus - perfekt für die kommenden steilen 12 Km.
Pünktlich zur Pause kam wieder ein Schauer. Bisher haben wir es immer perfekt abgepasst. Wir haben nun weniger als 50 Km nach Santiago und noch etwa 7,5 Km bis zur Herberge.
Um kurz vor 17 Uhr haben wir Bruma erreicht.
Ein kleines Kaff mit 5 Häusern, einer öffentlichen und einer privaten Herberge (für Luxus Pilger wie uns) und einem Restaurant, welches um 20 Uhr schließt.
Der Weg heute war knackig, aber bei weitem nicht so hart wie prophezeit. Wir haben auch langsam gemacht mit vielen Pausen.
Heutiges Fazit: Wenn es mal bergab geht, geht es gewiss auch wieder bergauf.
Die Wirtin in der Bar heute Abend sprach ein wenig Deutsch. Sie hat erzählt, dass sie vor 46 Jahren für 14 Jahre in Deutschland gelebt hat. Wo genau? In Zürich 🤔
Gestern Abend gab es genau ein Essen zur Auswahl. Das Pilgermenü für 10 Euro p. P. bestand aus Suppe oder Nudelsalat, Hähnchenschenkel oder Schweinebraten und Kartoffeln, Eis und einer Flasche Wein. Entsprechend war das kulinarische Erlebnis...Alles sehr trocken. Generell gibt es hier keine Alioli oder Salsa zu den Gerichten und keine Butter auf das Boccadillo.
Die Nacht war kalt und die Schlafsäcke kamen wieder zum Einsatz. Die ersten Pilger sind bereits um 6 Uhr in der Herberge aufgebrochen.
Regen und Sonne wechseln sich heute ab. Wobei der Regen überwiegt.
Unser Kind hatte heute Morgen keine Lust zu laufen, wurde dann aber von unserem englischen Pilgerfreund motiviert. Ihn haben wir bereits am Busbahnhof in Santiago kennengelernt und unserer Wegen kreuzen sich immer wieder. Er läuft bereist den 4.Camino und ist den ersten für einen verstorben Freund zu Ende gelaufen, der auf dem Weg verstorben ist. Dessen Rucksack hat er nach Finisterre getragen und dort verbrannt.
Die beiden unterhalten sich auf Englisch, klappt prima.
Heute kam zum ersten Mal die Frage nach dem WARUM auf. Es regnet, es ist kalt, es ist (vormittags) kein schöner Weg, es gibt unterwegs nichts zum einkehren, nichts zum Essen außer gegen 12 Uhr ein Baguette mit Schinken in einer Bar, kaum was zum hinsetzen.. . Die Strecke ist wie Kaugummi. Wir haben Ferse, Rücken, Knie und Oberschenkel. Für jeden ist heute was dabei.
Die Visitenkarte des Taxiunternehmens ist in der Tasche. Doch wir haben die Zähne zusammen gebissen, unseren Proviant verzehrt und uns durchgekämpft. Um 17 Uhr sind wir angekommen.
Heute will keiner mehr einen Fuß vor die Tür setzen... Aber wir haben Hunger und müssen nun warten bis die Restaurants um 20 Uhr öffnen. Die Wartezeit haben wir genutzt und unseren Proviant im Supermarkt aufgefüllt.
Fazit des Tages: Hinten kackt die Ente!
(heute Morgen wurden noch Freudentänze aufgeführt wurden, da keine Schmerzen vorhanden waren 🙃)
Beim Essen haben wir fast alle Pilger wieder getroffen. Obwohl Sügiero eine Stadt ist, sind die meisten in einem Restaurant essen. Es war heute sehr lecker.
Es hat die ganze Nacht geschüttet. Die kündigte Dauerregen am. Da nur eine kurze Strecke von 16 Km vor uns liegt, haben wir ausgeschlafen, ein Bad genommen und sind kurz vor 10 Uhr bei leichtem Nieselregen gestartet. Nach etwa einem Km hat uns ein ordentlicher Schauer erwischt und wir waren ordentlich nass.
Zum Glück kam bald die Sonne raus und wir sind schnell getrocknet und den Rest der Strecke nur noch leichten Niesel abbekommen
Auch heute ging es bergab, bergauf mit wenig Ratsmöglichkeiten. In einem Industriegebiet haben wir in einer Kantine eine Kleinigkeit gegessen und am Stadtrand von Santiago ein Paar Nuggets und einen Strempel beim Mäcces eingesammelt.
Bei strahlendem Sonnenschein sind wir gegen 15.30 Uhr an der Kathedrale angekommen. Ein magischer Moment. Der Platz ist voll mit Touristen und Pilgern die aus allen Himmelsrichtungen von den unterschiedlichsten Caminos angekommen sind.
Alle legen die Rücksäcke auf den Boden und lassen sich fallen. Ein ganz besondere Stimmung kommt auf.
Die unterschiedlichsten Strecken wurden gelaufen, ob 113 km wie wir, 800 km oder mehr. Jeder mit einer anderen Geschichte.
Uns alle verbindet eines: Das persönliche Ziel wurde erreicht.
Nun machen wir einen Tag Pause, waschen Wäsche, ruhen uns aus und machen Touristen-Programm.
Am Sonntag geht es dann auf den nächsten Camino - 90 Km bis ans Ende der Welt.
Fazit des Tages: Pobacken zusammen beißen - wir schaffen das.
Wir haben lange geschlafen und in der Bar, in der wir schon letzte Woche waren, gefrühstückt.
Dort ist uns auch unser Englischer Pilgerfreund über den Weg gelaufen. Santiago ist ein Dorf :-)
So konnten wir uns noch von ihm verabschieden.
Um 12 Uhr haben wir die Messe besucht. Leider heute ohne Weihrauch-Pendel.
Nach der Messe haben wir uns einen neuen Pilgerpass für Fisterra geholt und uns in ein Café gesetzt in der Nähe der Ausgabestelle der Compostela.
Auf einmal lief ein Mann an uns vorbei und J. sprang auf....
Es war ein Pilger aus Berlin, der letztes Jahr mit J. den Weg von SantJean de Port gelaufen ist. Er musste aber zuwischdrin abbrechen. Nun ist er die letzten 310 km des Camino Frances fertig gelaufen und gerade eben in Santiago angekommen.
Unglaubliche Zufälle gibt es.
Fazit des Tages: Das Leben ist voll mit magischen Momenten.
Morgen geht es weiter in unserem Blog TEIL 2 - Von Santiago nach Finesterre